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Bewegender Theatergottesdienst in der Marktkirche

„Freiheit. Freiheit!“ schreibt die 21jährige Sophie Scholl 1943 auf die Außenseite ihres Verhörprotokolls. Als Mitglied der Widerstandsgruppe „Weiße Rose“ verteilt sie gemeinsam mit ihrem Bruder Hans Flugblätter gegen die nationalsozialistische Gewaltherrschaft, wird inhaftiert und kurz darauf hingerichtet.

Nun lieh ihr Friederike von Krosigk, Schauspielerin beim Theatergottesdienst in der Marktkirche, ihre Stimme. Sie zeigte Sophie Scholl in kurzen Spielszenen als mutige junge Frau, die bereit war, die Freiheit der Gedanken entschlossen zu verteidigen. Ihr waren Geradlinigkeit und Standhaftigkeit wichtiger als ihr physisches Überleben. Die Spielszenen wechselten ab mit Volksliedern und anderen Musikstücken, meisterhaft an Klavier und Orgel durch Eva Gerlach-Kling zum Klingen gebracht, die das  gesprochene Wort ergänzten, vertieften und interpretierten.

Um Freiheit ging es auch Katharina von Bora, einer jungen Nonne, die immer mehr daran zweifelte, ob das klösterliche Leben der richtige Weg für sie ist. Denn das Kloster fordert den Verzicht auf eine eigenständige Lebensgestaltung. Als sie von Martin Luthers Schrift „Von der Freiheit eines Christenmenschen“ erfährt, findet sie den Mut, ihr altes Leben hinter sich zu lassen. Später heiratet sie den Reformator Martin Luther. Auch bei der Darstellung dieser „starken Frau der Reformation“ bildeten Spielszenen und Musik eine sich wechselseitig interpretierende Einheit.

Im Theatergottesdienst wurden diese beiden starken Frauen auf anrührende und bewegende Weise lebendig. „Was bedeutet Freiheit für uns?“ fragte Pfarrerin Sieglinde Repp-Jost. „An äußeren Freiheiten mangelt es uns nicht: Wir können unser Leben selbst gestalten, uns frei äußern. Niemand schreibt uns vor, was wir zu denken oder zu glauben haben. Aber sind wir auch von innen her frei?“ Sie erinnerte an die Kernbotschaft der Reformation, dass die Freiheit von Jesus Christus komme. Sie mache den Menschen von innen her frei, so dass er Gott mehr vertraue als sich selbst oder anderen. Dieses Vertrauen mache Kopf und Herz erst wirklich frei, um sich mutig einzumischen und anderen beizustehen, die Hilfe bräuchten.

Zu dem Gottesdienst am Sonntag nach dem Reformationstag waren etwa 100 Besucher, vor allem Frauen, aus Eschwege und der Umgebung in die Marktkirche gekommen. „Gibt es solche Gottesdienste öfter?“, fragte eine Frau am Ausgang. „Das fände ich richtig gut.“ Und ein sehr kritischer Teilnehmer nickte anerkennend: „Ja, das war wirklich gut. Hätte ich nicht gedacht.“

Das Projekt „Theatergottesdienst“ wird durch den Innovationsfonds der Ev. Kirche von Kurhessen-Waldeck gefördert.

Ulrike Arnold und Sieglinde Repp-Jost