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Die orthodoxen Kirchen und der Krieg in der Ukraine

Vortrag von Dr. Jennifer Wasmuth beendet Veranstaltungsreihe des Evangelischen Forums Werra-Meißner.

Bild: (von links) Sieglinde Repp-Jost, Katrin Klöpfel, Prof. Dr. Jennifer Wasmuth, Wolfgang Gerhardt

Den Krieg in der Ukraine, der viele Menschen im Kreis stark beschäftigt, hat das Evangelische Forum Werra-Meißner in einer Veranstaltungsreihe zum Thema gemacht. Am vergangenen Donnerstag fand der dritte und vorerst letzte Vortrag statt. Als Referentin und Gesprächspartnerin ist Dr. Jennifer Wasmuth ins Gemeindehaus der Marktkirche in Eschwege gekommen. Die Professorin für Ökumenik und Ostkirchen in Göttingen sprach dort vor rund 20 Interessierten, die den Vortrag zum Teil von zu Hause am Computer verfolgten.

Pfarrerin Sieglinde Repp-Jost vom Evangelischen Forum spitzte das Thema als Einführung für den Vortrag zu. Die russisch-orthodoxe Kirche unter dem Moskauer Patriarchen Kyrill stehe deutlich an der Seite Putins. „Wie kommt es, dass das Oberhaupt einer christlichen Kirche den Krieg gegen die Ukraine legitimiert und den Tod von Glaubensgeschwistern in Kauf nimmt“, fragte sie. Die Antwort von Dr. Jennifer Wasmuth führte die Zuhörenden teils weit zurück in die wechselvolle Geschichte der Ostkirchen mit tiefen Rivalitäten und Kämpfen um die rechte apostolische Nachfolge, das heißt die Gültigkeit von Weihen und damit der Sakramente. Bereits vor Kriegsbeginn existierten in der Ukraine mindestens zwei orthodoxe Kirchen: die Ukrainische Orthodoxe Kirche des Moskauer Patriarchiats und die Orthodoxe Kirche der Ukraine. Letztere wurde aber nur von wenigen Kirchen der Weltorthodoxie anerkannt. Der Krieg gegen die Ukraine hat die Spannungen und Rivalitäten zwischen den Kirchen verschärft. Zu dem inneren Streit um die Rechtmäßigkeit kommt nun, dass Kirchen sich unter dem Druck sehen, sich von allem, was unter russischem Einfluss steht, zu distanzieren.

So hat die Ukrainisch-Orthodoxe Kirche sich inzwischen vom Moskauer Patriarchat losgesagt. Auch die ukrainische Regierung will der Einflussnahme durch Russland Einhalt gebieten, indem sie beispielsweise die Nutzungsverträge für Kirchen und Klöster des Moskauer Patriarchats kündigte. „Weder in der Lehre, noch in der Art Gottesdienste zu feiern, gibt es nennenswerte Unterschiede, dennoch ist die Lage derzeit besonders zerrissen und sehr spannungsreich“, fasste Dr. Jennifer Wasmuth zusammen.

Auf die Frage, was das alles für die Gläubigen in der Ukraine bedeute, berichtete die Professorin von einer großen Verunsicherung. Einige wenden sind von den Kirchen ab, es gebe Repressalien und eine aggressiver werdende Stimmung. „Aber wenn es um die Versorgung von Kriegsopfern geht, stehen Gläubige und Kirchen zusammen“, macht sie Hoffnung.

„Den Konflikt verstehen ist eine Sache, doch wie gehen wir damit um?“ Diese Frage stellte der Moderator, Pfarrer Wolfgang Gerhardt, in den Raum. Dazu berichtete die Referentin von einer Initiative des Ökumenischen Rats der Kirchen, der kürzlich die Kirchen in der Ukraine besuchte, und versuchte, diese an einen Tisch zu bekommen. Alle Kirchen haben hätten zwar zugesagt, viele aber Bedingungen gestellt, die ein Treffen in naher Zukunft unwahrscheinlich machten.

Zum Schluss machte Sieglinde Repp-Jost ihrer Empörung Luft: „Jetzt ist nicht die Zeit für Dialog über kircheninterne Fragen, sondern für Intervention der Weltchristenheit. Sie muss deutlich sagen, dass das Evangelium mit Füßen getreten wird, wenn die Gültigkeit von Weihen wichtiger ist als der Auftrag Jesu, den Menschen und dem Frieden zu dienen.“ (Edith Hettwer und Sieglinde Repp-Jost)